Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Zur Dokumentation von laufenden Projekten. Zeigt her in Wort und Bild, was ihr gerade näht oder bastelt.

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Sevenah
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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1900er, S. 6

Beitragvon Sevenah » 22. Jun 2024, 23:24

Spannende Geschichte.
Ich glaube, hätte man mir das Endprodukt in die Hand gegeben, hätte ich nicht gewusst, welchen Zweck es erfüllt. Es ist keine richtige Weste, zum warmhalten der oberen Körperpartie eignet es sich gar nicht und ein anderes Kleidungsstück wäre mir auch nicht einfallen.

Ich bin übrigens durchaus angetan von der Kombination rot-weiß. In zarteren Farben oder mit zwei Farben, die sich näher im Farbton wären, hätte es sicher auch gut ausgesehen, aber ich finde gerade den Kontrast toll.

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Thalliana
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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1900er, S. 6

Beitragvon Thalliana » 24. Jun 2024, 07:51

Ich finde den Kontrast von Rot und Weiß hier sogar ziemlich gut und die Applikation erinnert mich hinten an Lungenflügel :lol: . Insgesamt finde ich die Schnörkeleien aber auch dem Mammen-Stil aus dem Frühmittelalter etwas ähnlich, es kommt halt jede Modeerscheinung irgendwann wieder :lol: .
Gemüse schmeckt am besten, wenn man es kurz vor dem Verzehr durch ein Schnitzel ersetzt!
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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1900er, S. 6

Beitragvon horex_4 » 24. Jun 2024, 09:38

Uns gefällt die kleine Weste, dachte ehr an einem Bolero. Und die Applikation macht es richtig spannend.

Hat die Applikation eine bestimmte bewandnis? Könnte mir auch ein Tribal in Freiform vorstellen.

LG

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Constanze
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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 6

Beitragvon Constanze » 26. Jan 2025, 16:53

So, durch Umzug und größere Renovierungsarbeiten kam ich den ganzen Sommer und Herbst über nicht zum Nähen. Aber jetzt bin ich – schlappe sieben Monate später – wieder da. :)

1960er
Projekt: Kleid
Schnitt: Vogue, Einzelschnitt
Datierung Dez. 1961 (der Schnitt selbst ist undatiert, wurde aber laut dem Vintage Patterns Wikia erstmals im Dezember 1961 im Vogue-Katalog gezeigt)
Stoffe: schwarzes Mischgewebe mit Stretchanteil, roter Tartan aus Kunstfaser, Reststück rote Baumwolle
Musik: Nr. 1 in Deutschland im Dezember 1961 ist Nana Mouskouri mit «Weiße Rosen aus Athen»

Nach dem Umzug fiel mir beim Einräumen meiner Einzelschnitte dieser Vogue-Schnitt in die Hände. Ich wollte damit eigentlich mal ein Kleid aus einem gross geometrisch-gemusterten Stoff vom Möbelschweden nähen (so à la Mondrian-Kleid in bunt), aber irgendwie schlief das Projekt ein und den Stoff habe ich inzwischen aussortiert. Beim Schnitt hatte ich etwas Sorge, dass er mit dem falschen Stoff genau so ein braves Kleidchen wie auf dem Umschlag ergibt, bis mir dann die Idee kam, man könnte ja auch Rock und Oberteil vortäuschen und zwei Stoffe nehmen, um ihm das kleidhafte etwas zu nehmen. So konnte ich dann zwei kleinere Stücke aus meinem Vorrat verbrauchen. Das schwarze Gewebe ist der Rest, der von der 1990er-Hose übrig war. Den roten Tartan habe ich vor Ewigkeiten gekauft. Ich weiss nicht mehr wann, aber ich bin recht sicher, dass ich ihn schon in Deutschland im Stofflager hatte, also vor 2010. Es war kein grosses Stück und zudem reine Kunstfaser, wirklich nicht angenehm (aber unter solchen Sachen wie diesem Kleid trage ich sowieso immer ein T-Shirt oder wie auf den Fotos ein Jersey-Kleid). Wahrscheinlich wollte mein 20-jähriges Ich sich damit einen Minirock nähen, tat es dann aber nie. Beide Stoffe sind jetzt komplett verbraucht, für die Belege habe ich auf roten Baumwollstoff zurückgegriffen (weil der sicher angenehmer ist als dieses Plastikzeug).



Beim Zuschnitt konnte ich auf die Platzierung des Musters in der Mitte achten, nicht aber auf den Schultern, dafür war zu wenig da. Mir ist bewusst, dass solche Kleinigkeiten bei Karostoffen den Unterschied zwischen Clownskostüm und Alexander McQueen machen können, aber ich war so angetan von der Kombination, dass ich es wagen wollte. Trotzdem reichte der Stoff nicht für die ganzen Ärmel, da habe ich mit dem schwarzen Stoff ergänzt. Ebenfalls aus Stoffmangel musste der Rock etwas kürzer werden als vom Schnitt gewollt, aber das hätte ich wohl sowieso gemacht.



Das Schnittmuster ist nicht beschriftet, sondern sämtliche Markierungen sind durch Löcher dargestellt. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, funktioniert das ganz gut. Das Schnittmuster war laut Packung «Easy to Make» und es ging auch wirklich leicht von der Hand, auch wenn ich nicht weiss, wie «easy» ich als Anfängerin Paspelknopflöcher gefunden hätte. Die habe ich aber gekonnt ignoriert. Am Rock braucht man gar keine, der ist sowieso zu und die drei Knöpfe vorne nur Deko. Hinten sollte im Rock ein Reissverschluss sein und oben drei Knöpfe. Das erschien mir etwas freizügig und ich hatte keine Lust auf Knopflöcher, deshalb wählte ich einen längeren Reissverschluss, der jetzt bis fast zum Nacken reicht. Weil ich sowieso sieben von diesen wunderbaren Knöpfen hatte, verteilte ich also vier auf dem Rücken, die sind jetzt ebenfalls rein dekorativ. Damit der Übertritt mit den schweren Knöpfen ohne Knopflöcher nicht rumwedelt, habe ich noch Druckknöpfe an die Kante der Blende genäht. Heisst: Statt drei Paspelknopflöchern habe ich jetzt drei Verschlüsse genäht: Reissverschluss, vier Druckknöpfe und vier Knöpfe als Deko, das hat man jetzt von seiner Faulheit.



Das Oberteil wird an der Taillennaht zusammengerafft und an den Rock gesetzt, von innen sollte dann noch ein Taillenband eingesetzt werden, einen Gürtel gibt der Schnitt als optional an. Durch den elastischen Rockstoff hat sich die Taillennaht leider gedehnt und ist nicht ganz so schön anzusehen, ein Gürtel ist bei mir also obligatorisch. Erst wollte ich aus den kläglichen Resten des schwarzen Stoffes einen zusammenstückeln, doch dann kam mir ein Stück Auto-Gurtband im Lager in den Sinn, dessen Breite zudem optimal zu einer beziehbaren Gürtelschnalle passte. Das schien mir passend, um das brave 60er-Design etwas zu brechen, sowieso war ich in meinem Kopf mit diesem Projekt recht schnell bei Vivienne Westwood, auch wenn ihre Tartan Kollektion ganz anders aussah. Also mit den Resten des Tartan-Stoffes die Gürtelschnalle bezogen, Gurtband festgenäht, zack, Gürtel fertig. Die Schnalle hat keinen Dorn, ich habe stattdessen am Ende des Gurtbandes drei Druckknöpfe angenäht. Das Taillenband im Kleid habe ich mir gespart.



Der Saum ist etwas höher als der Schnitt es wollte, was schlicht der Restmenge des schwarzen Stoffes geschuldet ist. Am Ende hatte ich ca. 15mm als Saumumschlag, da habe ich noch ein Stück Spitze drangesetzt und an dieser dann per Hand mit Hexenstich den Saum genäht.



Als ich die Stoffe und den Schnitt vorbereitete dachte ich, das kann sehr gut ausgehen oder aussehen wie diese extrovertierte Mode für ältere Frauen (nur echt mit runder Brille mit dickem Rand und grossen Ketten). Am Ende wurde es viel besser als gedacht, ich liebe es! Der Rücken hat so seine Tücken, einerseits weil das Oberteil durch den Reissverschluss etwas absteht und andererseits, weil die großen Knöpfe nicht gerade angenehm beim Anlehnen sind. Auch der Rock ist nicht ganz optimal. Einerseits könnt er ein Futter gebrauchen, damit er beim Laufen schöner fällt (ich hatte kein passendes da und dachte an diesem Punkt noch, der Schlitz wäre echt und man würde bei jedem Schritt das Futter sehen, deshalb habe ich drauf verzichtet). Hier hoffe ich, dass ein Unterrock hilft. Andererseits sieht man beim Sitzen stark die Konstruktion des falschen Schlitzes (ist ja eigentlich nur eine abgenähte, breite Falte) und die fehlenden Knopflöcher, weil der Stoff sich durch den Stretchanteil dehnt.



Aber trotzdem bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis, das könnte wirklich ein Kleid werden, das mich lange begleitet.


(auf dem Foto sieht man die wirkliche Ärmellänge am besten, der enge Ärmel ist von dem engen Kleid, was ich drunter trag)
Wer also näht, der weiß auch, wie man trennt.
Elizabeth Barrett-Browning

Der Mangel an "ß"s in meinen Posts ist auf die Schweizer Rechtschreibung sowie Tastaturbelegung zurückzuführen.

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Morathi » 26. Jan 2025, 17:21

Das Kleid ist wirklich grandios und steht dir ganz hervorragend! Auch wenn ich es dir eigentlich gerne klauen würde :mrgreen: :grapsch:
it takes courage to grow up and become who you truly are [e. e. cummings]

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon deepdarksin » 26. Jan 2025, 17:31

Mir gefällt es sehr in Kombi! :klatsch:
Auf die Liebe, die Freude, das Leben heben wir an,
um Hass, Neiden und Zagen für heut aus dem Herzen zu bannen!


ps: deepdarkSIN, nicht -skin ;-)

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Alice* » 26. Jan 2025, 17:45

Ich finde es auch äußerst gelungen! :klatsch:
Vor allem die Idee mit dem Autogurt-Gürtel ist großartig.
Viel Freude beim Tragen :)
>>who needs pain to survive, I need pain to change my life<< - Billy Corgan

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon chaotic » 26. Jan 2025, 18:02

Wow! Das Kleid ist deutlich anders als ich es vom Foto auf der Anleitung erwartet hatte, und es ist richtig gut geworden! Den Mix finde ich absolut gelungen.
Ich spinne und stricke - wenn ich nicht gerade meinem Leben hinterherlaufe...

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Bluemoon » 26. Jan 2025, 18:09

Heisst: Statt drei Paspelknopflöchern habe ich jetzt drei Verschlüsse genäht: Reissverschluss, vier Druckknöpfe und vier Knöpfe als Deko, das hat man jetzt von seiner Faulheit.
:lol:


Vom Stil her bin ich raus, aber deine Kreativität (Anschnaller) und Mut zur Lücke trotz dick-bebrillte-Oma-Angst find ich super!

Wäre es eine Möglichkeit, nen separaten Futterrock unter dem Kleid anzuziehen?
Umwege erweitern die Ortskenntnis.

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Nria » 26. Jan 2025, 18:27

Wow, das sieht super aus! Hätte ich von dem Schnitt gar nicht erwartet, aber es ist cool und modern :D
Aber die Libelle ist ein Vogel.
Die Libelle war der schönste aller Vögel, wenn man nur einsah, dass sie ein Vogel war. (Per Olov Enquist)

Hana und ich bloggen: Mondkunst
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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Sisu » 26. Jan 2025, 20:48

Très chique! Die Knöppfe auf der Rückseite sind "too much", finde ich, aber sonst ist das Kleid sehr schön!
Always remember, you are braver than you believe, stronger than you seem, and smarter than you think.

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Ravna » 26. Jan 2025, 21:55

Es steht dir total super, auch wenn ich nicht der größte Fan vom Schnitt vom Oberteil bin, was an den Ärmeln liegt. Der Rockteil dagegen ist großartig und gefällt mir sehr. Und ich mag die Idee es durch die zwei Stoffe nicht zu kleidhaft wirken zu lassen, dadurch wirkt es vintage und modern gleichermaßen.
“Ninety percent of all problems are caused by people being assholes.”
“What causes the other ten percent?” asked Kizzy.
“Natural disasters,” said Nib.”
― Becky Chambers, The Long Way to a Small, Angry Planet

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon BeRúThiel » 28. Jan 2025, 19:18

Wie schön, dass es weiter geht!

Zuerst habe ich aus irgendeinem Grund die Farben andersrum vorgestellt - also schwarz oben und kariert unten - und war irritiert, aber es steht Dir so herum ganz ausgezeichnet!
Ich selbst würde, glaube ich, die Knöpfe hinten ganz schnell loswerden, aber nicht, weil sie nicht gut aussehen, sondern weil sie mich sofort nerven würden beim Anlehnen oder sitzen. Aber gut, ich glaube auch nicht, dass ich den Schnitt so rocken würde wie Du :wink:

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Lexi » 29. Jan 2025, 08:37

Das steht dir richtig gut! Ich würde das Kleid auch sofort anziehen, ich glaube, mich würden nur die Knöpfe am Rücken zu sehr stören.
Ganz toll geworden! :)

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Re: Nähen durch die Jahrzehnte - die 1960er, S. 7

Beitragvon Caterina » 29. Jan 2025, 12:53

Hihi, ich hatte auch im Kopf, dass es untenrum kariert sein würde.
Gefällt mir sehr gut und steht dir hervorragend. :yes:
,,Ich bin entrüstet!", sagte der Ritter und stand nackt im Wind.


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