...und nun die Langfassung.

Es begab sich im vergangenen Oktober, dass die Winterjacke ihren Reißverschluss verkrüppelte. Vermutlich wollte sie nicht länger mit mir durch die Lande ziehen, sondern sich im Schrank zur Ruhe setzen.
Ihre Pensionspläne gingen nicht ganz auf, sie wurde Organspender.
Und ich der Notwendigkeit gewahr, einen Wetterschutz für den kommenden Winter zu brauchen.
Kein Problem, von der lieben Constanze hatte ich ja einen 40gerjahre-Original-Mantelschnitt ertauscht, sehr cool mit verkürztem Seitenteil, welches an der Hüfte in eine interessante Rundung übergeht.
Es ist ein einfacher Schnitt, wenn ich die Taschen weglasse, sollte es schnell gehen.
Und weil ich nur noch braune Wolle da hatte, aber einen schwarzen Mantel wollte, sollten es 3 Lagen werden.
- Futterschicht
- Wollschicht braun mittig
- schwarze Garbadine außen.
Habe zuerst mal zwecks Vertesten des Schnittes die braune Wollschicht zugeschnitten, und zwar irgendwie. Sieht ja eh keiner, falls daran noch gestückelt werden muss.
Ausgeschnitten, zusammengenäht und:
Zonk!
Leider ist der Wollstoff dermaßen dick, dass ein Garbadinemantel oben drüber einfach alle Wulste offenbaren würde und meinen tollen 3-Lagenplan konnte ich vergessen.
Immerhin passte der Schnitt ganz ok, es waren nur kleine Anpassungen notwendig und natürlich ein anderer Kragen. (Revers finde ich ungefähr genauso attraktiv wie Knöpfe..) Ach ja, und andere Ärmel. Weil, wenn Puff, dann richtig!
...der geneigte Leser wird an dieser Stelle schmunzeln, weil er bemerkt, dass mit "nur mal schnell" spätestens an dieser Stelle Schluss ist.
Tja, ich merkte es nicht.

Probeärmel mit Puff gestalteten sich schwierig, da sich durch die enge Bananenform des Originalschnittes immer eine Querfalte zog, wenn man den Arm grade runterhängen ließ. Das brauchte, bis ich da mal eine Lösung gefunden hatte. (Und warum sie funktioniert, weiß ich bis heut nicht wirklich..)
Der Kragen passte auf den 2. Versuch, offenbarte aber eine andere Schwierigkeit: Den "sieht ja keiner"-Wollstoff hatte ich, wie gesagt, irgendwie zugeschnitten und natürlich war nicht die Flauschseite, sondern die Pferdedecken-style-Seite des Mantels außen (Guten Tag, Murphy, da sind Sie ja wieder! Wo haben Sie denn heute Ihr Marmeladenbrot gelassen? ).
Merke: Zwischenschichten immer so zuschneiden, als wären es Außenteile, weil erstens kommt es anders und zweitens..
Naja.
Also diese Pferdedecke drückt natürlich auf die Motivation, das Teil überhaupt fertig zu stellen (und sich dabei noch gar Mühe zu geben!) und zudem macht es das Finden eines passenden Kragenstoffs schwierig. Ich hatte ja auch im Forum kurz dazu gefragt und tolle Tipps bekommen.

Die verdeckte Knopfleiste für eine cleane Front war noch die einfachste Änderung, auch, wenn sie mich zu ewiglangen Handnähten zwang. Wo ich dann eh schon mal dabei war, hat der Saum auch eine Handnaht spendiert bekommen. Und er ist NICHT mit dem Futter verknüpft, damit ich bei dem schwierigen Kandidaten hier weiterhin an die Innerein komme. Die Wolle hatte sich seit Zuschnitt ohnehin verzogen und die Knopfleiste in eine Slalombahn verwandelt. Alles noch mal anzeichnen. Was solls, auf die Woche mehr kommt es auch nicht an.
Letztlich das Futter: Resteverwertung und oberhalb des Bauchnabels ein warmer Stoff, den ich ein bisschen Stückeln musste. Der linke Oberärmel sowie der rechte Unterärmel sind quietschegrün, ebenfalls eine Futterverwertung.
Die Handytasche ist vermutlich das Einzige am Mantel, was komplett nach Plan funktionierte.

Ausgeführt wurde der Mantel bereits in Oldenburg. Dieser Besuch beim Retrofriseur und danach bei einer coolen Nähkro-Socke (Moin, Caterina!

Unter dem Mantel trug ich das Kleid von Erklönigin aus dem Retroswap 2021, die Friseurin hat magische Hände und schaffte langweilige Spaghettini zu einer echten 40ger-Frisur mit Bumms zu verwandeln (ich werde die Dame entführen müssen). Alles zusammen fügte sich also tatsächlich zu einem Retro-outfit, wie ich es mir schon so lange wünschte.

So, und wer sich durch diese Textwüste gekämpft hat, möchte vielleicht auch das ein oder andere Bild sehen. So sei es.

Die Front
(Klick macht wie immer groß und einige Bilder leider gedreht, sry):

Hinten (Mit selbst nachgeahmter Frisur. Nun äh.. ja. Haare. Schwierig.)

Das Hüftrundungs-Einsatz-Blubb ist hier gut zu erkennen:


Die Knöpfe sind von einem 60gerjahremantel recyclet, daher oben 4 kleine und erst darunter die größeren


Die verdeckte Knopfleiste und das gestückelte wärmende Futter. Endlich mal Zierstiche verwenden. ^^

Das Handy muss mit. Hätt ich mal dran gedacht, dass weinrote Paspel und quietschgrünes Ärmelfutter nur so halb zusammenpassen. xD

Der Handsaum an der Pferdedecke. Mein erster, aber nicht mein letzter. Tut weniger weh, als ich gedacht hätte.


Der Kragen hochgestellt und die Puffärmel noch mal im Detail:
