Es wird hier erstmal um schlichte Sachen gehen, also keine obernobligen goldbestickten Fräckse und ausladende Seiden-Roben - vielleicht kommt das später

Bis zum letzten August-Wochendende ist jetzt nicht mehr viel Zeit, und aktuell muss ich eine alte Schulfreundin ein bisschen auf den Weg des historischen Nähens bringen, die hat jetzt jedesmal wenn ich von unserer Museumsbelebungs-Aktion in Wackershofen erzählt habe, so glasige Augen bekommen daß ich sie dieses Jahr einfach mitschleppe. Si eist zwar großer Mittelalter-Fan, aber da wneiger im Living History sondern mehr _ Märkte und Fantasy-Mittelalter. Ist auch schön, keine Frage, nur wenns um Geschichtsdarstellung geht, muss man bissl aufpassen - und wir sind ja mit dem a8. Jahrhundert lange nicht mehr im Mittelalter, sondern in der Neuzeit.
Ich wollte mir eigentlich auch noch ein paar sonntagsfeine Breeches machen, hab auch angefangen aber ich bin mir grad nicht sicher wie weit ich damit noch komme - das Ding ist jetzt daß meine Freundin zwar auch etwas nähen kann, aber der Jackenschnitt scheint noch für Fragezeichen zu sorgen, daher hab ich gerade entschieden daß wir das parallel nähen - was heißt, ich habe Fotos, und die kann ich euch in einem WiP gleich mit servieren.
Im 18. Jahrhundert war die übliche Frauen-Bekleidung - neben Leinen-Chemise und Schnürleib (für wirklich alle Bevölkerungsschichten - wer arbeiten musste hatte sogar Vorteile, in etwas zu stecken was den Rücken bisschen abstützt, entgegen der völlig falschen "Tightlacing"-Gerüchte - die stammen von Hollywood aber das würde ein andere Fass aufmachen, aber - ein ganz interessantes ...)
aus Unterrock, Überrock, Jacke - dabei gab es eine lose, informelle variante die bisschen wie ein Kimono aussieht und eine figurnahe die oft dann der Sonntagstaat war. Dazu Fichu (Halstuch), Haube, großer Strohhut, und wenns kalt war - eine Art Armstulpen und ein Woll-Umhang.
Ich hab nicht damit gerechnet daß meine Freundin sich schon auf die Jacke stürzt, weil ich noch ein Test Bedgown - also so eine Kimono-Jacke - habe die ich ihr ausleihen kann, aber - sie hat, also will ich daß sie erfolgreich und ohne Frust da durch kommt.
Den Schnitt den wir verwenden hat eine Bekannte - und die Organisatorin der Museums-Aktion - von einem erhaltenen Original abgenommen und für moderne Größen gradiert. Er ist also nicht kommerziell erhältlich, hat keinerlei Anleitung und wird eher unter uns weitergegeben, daher kann ich euch jetzt nichtmal zeigen wie er fertig aussieht - ich hab Bilder vom Original und von ein paar Nachbauten, aber die sind strengenommen nicht meine, daher zeige ich sie nicht öffentlich einsehbar.
Ihr müsst also mitlesen und bis zum Ende warten

Die Jacke ist prinzipiell simpel - es gibt ein Vordeteil und ein Rückteil, einen Ärmel, einen Träger und einen Keil der im Schoß eingesetzt wird. Und "Flügel" für den Armabschluß aber - das werd ich womöglich nicht machen, ich habe nämlich für mein Anleitungs-Exemplar einen Stoffrest verbraten, aus dem die Flügel nicht mehr rausgegangen sind, und der Rest war schon das reinste Schnittmuster-Tetris.
Mein Stoff ist historisch gesehen auch nicht korrekt - man könnte ihn fast ein bisschen für einen Chintz aus dem 18. Jahrhundert halten, aber das Motiv ist beim genauen Hinsehen dann doch modern. Für A wie Angelehnt aber ist er super.
Später sag ich gern noch was ein Chintz in dem Fall eigentlich ist - aber ich schreibe schon wieder zu viel, deswegen - los gehts!
Erstmal ZUschneiden - einmal alles je 2x in Obertsoff und nochmal in Futter. Den Oberstoff seht ihr später - ich hab die Arbeitschritte erstmal am Futter abgeknippst da mans da besser sehen kann.
Mein Futter sind ein paar Reste weiße Baumwoll-Popeline. "A" wäre leinen.
Ich fange an den Rückenteilen an - die sehen so aus:

Zuerst muss ich an allen 4 Teilen noch was anzeichnen - und zwar kommt an der Seitennaht ein EInschnitt später rein - das ist jetzt schwer zu erklären - die Seitennaht geht eigentlich etwas tiefer runter, und das was rechts noch dranhängt wird dann zu einem Schoß-Teil, sobald der Einschnitt gemacht ist und das lose hängt - aber das zeig ich euch noch. Solane der Schnitt noch angepinnt ist kann ich mir die Position markieren und alles dann anzeichnen für später:

Dann schließe ich die rückwärtige Mitte am Oberteil und am angeschnittenen Schößchen - der "haken" wo das Schößchen absteht bleibt offen, sonst kann man die Falte später nicht einlegen.
Ich nähe am Rücken ca einen cm tiefer und schneide dann schräg zur Naht knapp bis davor ein:

Dann bügle ich beide Nähte aus und lege die kleine falte im Rücken ein - die ist hier nicht sehr groß, die meiste Weite steckt dann in der Seitennaht - die ist etwas in den Rücken verlegt und nicht direkt in der Seite, wie bei modernen Schnitten.

Das selbe mache ich beim Oberstoff dann auch.