Dieses WIP ist vielleicht ein bisschen politisch, ein bisschen gesellschaftskritisch, ein bisschen literaturwissenschaftlich und auch ein bisschen handarbeitsbezogen.
TL;DR: Wer gleich zur Handarbeit vorstoßen möchte, überspringt den Text bis zum ersten Bild einfach.

Beschäftigt man sich aktuell (nicht nur, wegen des gerade gewesenen Weltfrauentages) mit einem beliebigen Thema dieser Zeit, kommt über kurz oder lang (meist relativ schnell) heraus, dass auch dieses Thema durchdrungen ist von struktureller Ungleichheit oder politischer oder gesellschaftlicher Ausgrenzung von Menschen. Das betrifft sehr viele verschiedene Gruppen von Menschen, die ich jetzt gar nicht alle aufzählen möchte, weil diese Liste gefühlt nie vollständig ist und ich niemanden unterschlagen möchte. Ich möchte an dieser Stelle auch einfach sagen, dass ich finde, dass der einzelne Mensch nie alle Bereiche überblicken kann und dass das völlig in Ordnung ist! Jeder ist Spezialist auf seinem eigenen Gebiet, mit dem er sich näher beschäftigt. Und deswegen rede ich hier einfach nur über das Thema, mit dem ich mich aktuell näher befasse.
Mein Thema sind die Bücher, ist die Literatur und hierdrin die Darstellung und der Umgang mit Frauen. Ich fange mit diesem Thema gerade erst intensiver an, aber so viel schonmal vorab: Gerade der Literaturbetrieb und die Literaturwissenschaft steckt seit jeher voller ausgrenzender Strukturen und führt eine seit Jahrhunderten etablierte Selektion fort, die nicht mehr zeitgemäß ist (es noch nie war), die alt eingetretene Pfade zu selten verlässt und deshalb auf die Perspektiven von westlich geprägten überwiegend weißen und vor allem männlichen Autoren fixiert bleibt. Das alles fängt mit einem über Jahrhunderte etablierten Kanon an, der immer weiter tradiert und selten aktualisiert wird, über die Verlagsentscheidungen fortgeführt und schließlich durch Rezensenten zementiert wird. Es fehlt an weiblichen oder anderen diversen Perspektiven im Literaturbetrieb und der Literaturwissenschaft.
Es gibt viele Ansätze und Bewegungen das zu ändern. Seit Jahren teilen Menschen schon unter dem Hashtag #FrauenLesen Bücher von Autorinnen, die den im Literaturbetrieb bevorzugten Büchern von Männern in nichts nachstehen. Das Framing, das mit den Büchern von Autorinnen einhergeht, manifestiert dabei auf unsägliche Weise diese alten Pfade. Es geht vermutlich zu weit das an dieser Stelle im Detail aufzudröseln, aber wer interessiert ist, kann gerne Fragen stellen und ich suche nach Antworten. Natürlich habe ich das alles auch schon viel früher wahrgenommen, aber während des Studiums schwimmt man noch mit durch, man hat wenig Zeit rechts und links zu schauen, es braucht irgendwie (zumindest bei mir) eine Initialzündung von Außen, die einen darauf stößt, dass das wirklich nicht normal ist und noch viel wichtiger: Dass es wirklich anders geht und niemand diesem Pfaden folgen muss! Ich möchte mich in diesem Jahr einfach dieser Sache widmen und in meiner eigenen Sammlung aufräumen und bei Neuanschaffungen vermehrt auf Literatur von Frauen achten. Ich entscheide mich hier einfach erstmal für eine Sache, eine "Minderheit" (Frauen im Literaturbetrieb sind nicht wirklich eine Minderheit, aber sie werden wie eine behandelt und exkludiert), bin mir aber bewußt, dass es unzählige Ausgrenzungen gibt und der Zugang in den Literaturbetrieb nicht nur für Frauen schwerer zu absolvieren ist, sondern auch für viele andere Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Um Beispiele zu nennen für alles, was gerade in diesem Kontext an tollen Bewegungen zu finden ist, hier eine kleine Liste:
- Frauen Zählen #frauenzählen
- Die Kanon #diekanon
- Autorinnenschuber (Ursache), Autorinnenschuber Aktion (Folgen) #autorinnenschuber
- Twitter & Instagram: #frauenlesen, seit mehreren Jahren werden unter diesen Hashtag bereits Leseempfehlungen geteilt, um auch die Sichtbarkeit von Autorinnen zu erhöhen

Mein ganz persönliches #FrauenLesen-Projekt ist mein sogenannter #autorinnenbeutel. Jeder entwickelt ja so seine Ideen, wie er seine Wertschätzung ausdrücken möchte und wie er vielleicht auf seine Weise dazu beitragen kann, eine Message herumzutragen, die andere eventuell auch zum Nachdenken bringt oder inspiriert. Ich habe mir diesen Bücherbeutel in den Kopf gesetzt. Ab jetzt möchte ich alle Namen von Autorinnen per Hand in diesen Beutel sticken, die ich selbst lese. Und gleichzeitig möchte ich mit meiner künftigen Literaturauswahl auch dazu beitragen selber mehr Autorinnen zu lesen und mehr über die Bücher von Autorinnen zu reden und zu schreiben -- und mit Menschen darüber zu diskutieren warum das nötig ist.
Damit es starten kann sticke ich gerade mittig auf den Beutel in einem dezenten jugendstilig angehauchten Rahmen den Hashtag #frauenlesen! (siehe oben) Und danach kann es dann weiter gehen mit den ersten Namen. Es soll vielfältig und bunt werden. Jeder Name bekommt eine eigene Farbe.
Es stehen auch schon verschiedene ungelesene Bücher bereit um gelesen zu werden:

Wer sich vielleicht inspiriert fühlt sich selber mal umzusehen: Stöbert in den Aktionen, in Buchhandlungen, hier im WIP oder in euren eigenen Bücherregalen, welche Schätze da vielleicht noch zu heben sind (;
Wer mag, lasse sich gerne nieder!
Stickereien und Autorinnen
000. #FrauenLesen!-Rahmen
001. Berit Glanz: Pixeltänzer // Stickerei + Textentwurf, Blogbeitrag + Hörfassung
002. Astrid Lindgren: Die Menschheit hat den Verstand verloren // Stickerei + Textentwurf, Blogbeitrag + Hörfassung
003. Simone Scharbert: du, alice. eine anrufung // Stickerei + Textentwurf, Blogbeitrag + Hörfassung
004. Fatou Diome: Der Bauch des Ozeans // Stickerei + Textentwurf, Blogbeitrag + Hörfassung
005. Verena Güntner: Power // Stickerei + Textentwurft, Blogbeitrag + Hörfassung
006. Vernon Lee: Amour Dure. Unheimliche Erzählungen // Stickerei, Blogbeitrag + Hörfassung
007. Octavia E. Butler: Kindred – Verbunden // Stickerei
Aufgeschlagen/Gelesen
Suzette Haden Elgin: Das Amerika der Männer
Rose Macaulay: What Not. A Prophetic Comedy
Nino Haratischwili: Das achte Leben (Für Brilka)
Leseliste
(unsortiert, nicht zwingend die Lesereihenfolge)
Problems (Jade Sharma)
Eisfuchs (Tanya Tagaq)
Wake, Siren. Ovid Resung (Nina Maclaughlin)
Der Vogelgott (Susanne Röckel)
Wir treffen uns, wenn alle weg sind (Iva Procházková)
Alice in Bed (Susan Sontag)
Himmel, der nirgendwo endet (Marlene Haushofer)
Die Freiheit, frei zu sein (Hannah Arendt)
Fräulein Nettes letzter Sommer (Karen Duve)
...
Merkliste
Meine Schwester, die Serienmörderin (Oyinkan Braithwaite)
Luna Luna (Maren Kames)
Alle tollen Empfehlungen, die ihr in diesem WIP hinterlasst, könnt ihr hier finden: #FrauenLesen! -- Empfehlungen von euch