Wie war das jetzt mit dem Beamer?

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Talia
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Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Talia » 5. Feb 2021, 05:33

Da ich inzwischen mehrere Stimmen gehört habe, die einen Beamer zur Schnittmusterübertragung empfehlen (und ich technische Spielereien einfach mag :oops: ), wollte ich allgemein fragen, wer welche Erfahrungen damit gemacht hat - the good, the bad and the ugly, please :mrgreen:

Was findet ihr gut dran? Was ist vielleicht nicht so praktisch?
Wie sieht euer Setup aus? Was hat es euch so gekostet?
Wie bereitet ihr Schnitte vor? Oder macht Anmerkungen rein?

Wenn ihr gute Artikel irgendwo parat habt, in denen es genau darum geht, sind diese natürlich auch willkommen.

Was habe ich vergessen zu fragen? :lol:

Danke für's an den Erfahrungen teilhaben lassen :)

Lillie
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Re: Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Lillie » 5. Feb 2021, 11:02

Oh jetzt kommt mein Einsatz :angel:

Aaaalso erstmal: Facebook hilft hier viel weils da schon große Gruppen zu gibt mit sehr vielen Infos. Einmal wären das "Nähen mit Beamer" und die englische "Projectors for sewing". Wobei ich die deutsche fast mehr empfehlen würde.
Ich halte mich erstmal an deine Fragen:

Was findet ihr gut dran? Was ist vielleicht nicht so praktisch?
Gut ist, nie wieder Schnittmuster kleben. Und auch nie wieder geklebte Schnittmuster entfalten, überall Teile rumliegen haben, nach dem Nähen wieder falten und wieder verstauen, die Tesafilme lösen sich ab, irgendwas knickt doof, meh.
Gut ist außerdem dass man dadurch viel freier auch mal Schnittmuster ausprobiert. Zum Beispiel wenn ich ein Shirt-Schnittmuster mal geklebt hatte hab ich das fünfmal genäht, kam mir ein anderes Shirt-Schnittmuster unter war das dann so "Meh, nochmal drucken und kleben, du hast doch schon ein Shirt-Schnittmuster". Und jetzt kann ich gerade bei den Shops die schon Beamergeeignete Schnittmuster anbieten einfach freiraus ausprobieren.
Und wenn man einmal genäht hat und merkt man braucht eine andere Größe, auch nur teilweise, muss man nicht neu drucken und kleben sondern man nimmt einfach die neue Größe.

Nachteile:
Es kostet was
Man muss sich etwas damit beschäftigen
Man gibt auch wieder etwas Geld für neue Schnittmuster aus
Am Anfang muss man sich etwas dran gewöhnen wie man schneiden muss damit man sich nicht selbst Schatten wirft.

Wie sieht euer Setup aus? Was hat es euch so gekostet?
Ich hab einen recht hohen Zuschneidetisch und eine niedrige Decke, weshalb die normalen Beamer bei mir ein recht kleines Bild geben würden. Ich habe 1,39m von Tisch zu Decke. Deshalb brauche ich einen Kurzdistanzbeamer.
Zuerst hab ich mir einen gebrauchten Kurzdistanz-Beamer von ebay Kleinanzeigen für 130€ geholt. Den hab ich mit einem Deckenhalter an die Decke befestigt. Der war leider relativ unscharf und allgemein meh. Gerät von 2007 halt. Das Bild füllte aber den ganzen Zuschneidetisch aus. Ich musste dann immer in den Schnittmustern die Linien dicker machen um sie zu sehen und das Zimmer komplett abdunkeln. Außerdem hatte der kein HDMI und eine etwas exotische Auflösung, und ich konnte da kein Kabel hochlegen, weshalb dann ein Raspberry Pi 4 mit Wifi und einem VGA-Modul das Bild an dem Beamer bringen musste. War recht nervig. Und wirklich nichts für den Otto-Normal-Verbraucher :roll:
Bild
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Nach 2 Monaten oder so machte es Puff und die Lampe war durch. Da eine neue Lampe auch wieder gut Geld kostet hab ich mich entschieden diesmal einen besseren Beamer zu kaufen.
Es gibt auch diese Ultrakurzdistanzbeamer, die könnte man auf den Tisch stellen und die beamen dann vor sich. Da mein Tisch aber gegen die Wand steht und rollbar ist fand ich das nicht so toll und wollte lieber einen an der Decke hängenden.
Das Modell ist Epson EH 610W und hat mich 400€ gekostet.
Bild
Das Bild ist nicht ganz aktuell (bin gerade aber nicht zuhause um noch ein neues zu machen, reiche ich nach). Mittlerweile habe ich ein Teil der Deckenhalterung abgesägt sodass er direkt an der Decke hängt und damit das Bild noch größer ist.
Dieser Beamer hat Wifi, und die Verbindung geht super easy mit einer Windows-Anwendung die den Bildschirm spiegelt. Der Beamer kann FullHD, und lässt sich auf die Entfernung scharf stellen, und hat deutlich mehr Lumen und Kontrast. Damit kann ich prima alle fertigen Beamer-Schnittmuster benutzen, und auch normale A0 Schnittmuster sind kein Problem mehr (Unterschied ist: Beamer-Schnittmuster haben normalerweise Ebenen für die Größen sodass man nur die eigene Größe eingeblendet hat).
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Ich habe eine Metallplatte unter der Schneidematte und nutze Magnete als Stoffgewichte. Und dann kann man mit dem Rollschneider prima zuschneiden. Mit der Schere gehts auch, da muss man aber wohl etwas aufpassen dass man nicht so sehr anhebt, sonst würden sich die Linien verschieben.
Ich nutze den Rollschneider, und konnte vor dem Beamer nur "ziehen", also zu mir hin schneiden. Das ist mit einem Kurzdistanzbeamer eher doof, weil man sich ja dann genau da Schatten macht wo man hinschneidet. Jetzt schneide ich oft auch von mir weg, denn in die Richtung macht man sich nie Schatten. Und je höher der Beamer hängt desto weniger Probleme hat man sowieso. Wie wenn die Sonne ganz oben steht, da hat man ja auch kaum Schatten.

Wie bereitet ihr Schnitte vor? Oder macht Anmerkungen rein?
Wenn ein Schnittmuster schon ein Beamer-Schnittmuster ist muss man gar nix machen. Ich habe Adobe Acrobat in der Version die bearbeiten kann und mache ab und an Anmerkungen. Aber für Notizen zu den Schnittmustern nutze ich mittlerweile ein Trello-Board. Da kann ich nämlich mit Bildern alle Schnittmuster kategorisieren und in der jeweiligen Karte schreibe ich dann rein in welcher Größe ich genäht habe, wie es passt, was ich geändert habe, etc. Denn bei Papierschnittmustern hat man es ja in der Größe ausgeschnitten, bei digitalen weiß man das beim nächsten Mal nicht mehr automatisch :D
Bild
Hierzu mal ein Bild von meinem Trello-Board. Die einzelnen Kategorien kann man scrollen. Die farbigen Markierungen sind Label, die die möglichen Stoffsorten bezeichnen (so kann ich bspq auch suchen "was kann ich alles aus Wintersweat machen?").

Wenn ein Schnittmuster in A4 daher kommt, muss man es noch zusammensetzen. Das geht in Inkscape (dazu gibt es Anleitungsvideos in der Facebook-Gruppe), oder mit dem "Klebetool" (auch das kann man da downloaden).
Aber mittlerweile stellen immer mehr Schnittmusterhersteller auch echt um. Sewera z.B. hat schon komplett alles in A0. Ich hatte manche SMs von ihr seit langem, und habe sie auf Facebook angeschrieben und sie hat mit die A0s dazu geschickt. Ansonsten mag ich auch ganz gerne die Ami-Schnittmusterhersteller Sinclair Patterns und Ellie&Mac. Ich hatte da noch paar gefunden, auch was mit historischen und Goth-artigen Schnitten die tw ganz gut zum N&S Thema passen, die Links trage ich demnächst noch nach.

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Nria
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Re: Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Nria » 5. Feb 2021, 11:47

Danke für den Bericht! :D Ich hätte da auch ein paar Fragen:

- Kann man die Schnittteile frei arrangieren (also, alle gleichzeitig, nicht eins nach dem anderen), hin- und herschieben wie richtige Schnittmuster? Also, um den Stoff ideal auszunutzen. Die Beamer-Fläche sieht mir recht klein aus; ich drapiere meine Schnittteile halt i.d.R. auf mind. 1,5 m Länge, manchmal auch einlagig, also 1,5x1,5-3 m. Ein Schnittteil nach dem anderen einzeln wäre für mich da nicht praktikabel.
- Wie aufwändig sind Änderungen wie FBA? Also, Sachen, wo man normalerweise das Papier einschneidet und verdreht/auseinanderzieht? Geht das so exakt, ohne sich ewig lange einzuarbeiten?

Ein großer Nachteil wäre für mich: Wenn das Teil erstmal halb vernäht ist, kann man keine Markierungen etc. nachtragen, weil man das Teil ja nicht mehr flach ausbreiten kann :?
Aber die Libelle ist ein Vogel.
Die Libelle war der schönste aller Vögel, wenn man nur einsah, dass sie ein Vogel war. (Per Olov Enquist)

Hana und ich bloggen: Mondkunst
Stoffstatistik 2024: gekauft 11,2 m - vernäht 12,9 m - abgegeben 2 m (- 3,7 m ) [2023: -17,05 m]

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Re: Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Lillie » 5. Feb 2021, 14:32

Ui jetzt kommen die ganz spannenden Sachen. Ich hab den Beamer jetzt noch nicht soo lange und hab gerade von der digitalen Bearbeitung noch nicht so riesig viel Erfahrung.

- Kann man die Schnittteile frei arrangieren (also, alle gleichzeitig, nicht eins nach dem anderen), hin- und herschieben wie richtige Schnittmuster?

Also wenn man ein Schnittmuster in Inkscape geöffnet und bearbeitet hat, kann man sich da auch seinen eigenen Zuschneideplan zusammenziehen. Manche machen das wohl. Man kann sich auch ein "Blatt" erstellen das die Größe vom Stoff hat und dann schon digital puzzeln wie es am Besten passt.
Hab ich aber noch nie gemacht. Ich öffne immer das PDF direkt und ziehe es dann da an die richtige Stelle bzw lege den Stoff so hin wie ich es schneiden möchte. Ich kann das eigentlich im Kopf etwa abschätzen bzw mache mir dann Markierungen auf den Stoff wo ich die Teile schneiden will und gucke dann wie es passt.
Diejenigen die auf dem Boden zuschneiden (oder manche mit Ultrakurzdistanzbeamer und riesigem Zuschneidetisch) haben teilweise auch A0 und noch größer als Projektionsfläche (je weiter der Beamer weg ist desto größer das Bild). Dann ginge das tatsächlich alles am Stück und auf einmal zu projizieren. In dem Fall macht es sicher Sinn, sich vorher digital alles so anzuordnen wie man auch schneiden will.
Folgende Video-Reihe fand ich dazu ganz nützlich: https://www.youtube.com/hashtag/projectorsewing

- Wie aufwändig sind Änderungen wie FBA?
FSowas geht wohl auch in Inkscape. Verlängerungen und co werden ja auch in der Videoreihe erklärt. Zu FBA direkt: (wer Facebook hat: https://m.facebook.com/groups/naehenmit ... 448566256/). Irgendwo meine ich auch mal ein Youtube-Video gesehen zu haben, finde ich aber gerade nicht. Ist also möglich, aber wohl auch nicht mega einfach. Ich glaub aber wenn man geblickt hat wie eine FBA generell funktioniert kriegt man das schon hin :angel:

Oder es gibt die Möglichkeit, wenn man Papier auf Rolle hat, das SM zu beamen und auf dem Papier aufzumalen / direkt zu auszuschneiden mit Cutter. Dann hätte man wieder ein klassisches Papierschnittmuster das man auch legen kann / klassisch FBA machen. Das ist dann eigentlich wie wenn man einen eigenen Plotter hätte :wink: . Machen wohl auch manche in manchen Fällen.
Nria hat geschrieben:
5. Feb 2021, 11:47
Ein großer Nachteil wäre für mich: Wenn das Teil erstmal halb vernäht ist, kann man keine Markierungen etc. nachtragen, weil man das Teil ja nicht mehr flach ausbreiten kann :?
Ja das stimmt wohl. Markierungen sollte man nicht vergessen solange das Teil noch schön flach da liegt :angel: :angel:
(Okay, kriegst du das mit einem Papierschnittmuster hin, das an einen halb vernähten Stoff nochmal passend dranzuhalten?)
Im Notfall kann man aber ja meistens in der Projektion messen wie weit es von den Kanten weg ist oder sowas.

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Talia
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Re: Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Talia » 5. Feb 2021, 16:39

Wow, danke für den ausführlichen Bericht :bussi:

Das klingt gut, wenn auch nicht ganz günstig.

Die Größe kontrolliert man dann wahrscheinlich anhand eines Testquadrats mit angegebener Kantenlänge oder ähnlichem?

Jetzt muss ich erst mal in die ganzen verlinkten Ressourcen reinschauen :)

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Re: Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Lillie » 6. Feb 2021, 21:45

Talia hat geschrieben: Wow, danke für den ausführlichen Bericht :bussi:

Das klingt gut, wenn auch nicht ganz günstig.

Die Größe kontrolliert man dann wahrscheinlich anhand eines Testquadrats mit angegebener Kantenlänge oder ähnlichem?

Jetzt muss ich erst mal in die ganzen verlinkten Ressourcen reinschauen :)
Gerne!

Ja genau, die Größe kann man gut mit einer Testdatei kontrollieren. Sieht man auf meinem dritten Foto so halbwegs. Die enthält verschieden größe Rechtecke mit Maßen. Da kann man kontrollieren ob der Beamer gerade hängt und damit ein rechtiwnkliges Bild erzeugt, ob das Format richtig ist (und demnach Länge und Höhe gleich sind), und letztlich stellt man dann in Adobe den richtigen Zoomfaktor ein, mit dem die Maße korrekt sind. Diesen Zomfaktor merkt man sich, und mit dem stimmen dann auch die anderen SM. Die SM haben natürlich normalerweise auch nochmal ein kleines Testquadrat um sicher zu gehen dass alles noch stimmt.

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Gräfin von Koks
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Re: Wie war das jetzt mit dem Beamer?

Beitragvon Gräfin von Koks » 17. Feb 2021, 22:41

Ich persönlich mache grundsätzlich Probeteile die ich auseinander nehme und die Änderungen übertrage ich dann auf den Papierschnitt. Darum lasse ich meine pdf schnitt auf a0 plotten und pause. Die Beamer Methode reizt mich persönlich gar nicht.
Gib dem Menschen einen Hund und seine Seele wird gesund.
Hildegard von Bingen

in einem meer von rotem mohn küssten wir uns öfter schon es erschien mir wie ein traum so grotesk man glaubt es kaum , taumelnd und benommen leicht im tiefen schlaf und wach zugleich... lexbarker...


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