2010er:
Projekt: Wickelrock
Schnitt: CUT Schnittbogen
Datierung: Sommer 2013
Stoffe: Türkis-weiss gestreiftes Viskose- oder Baumwollgewebe
Musik: Jahres Nr. 1 war
«Wake me up» von Avicii feat. Aloe Blacc. Bei den alternativen Veröffentlichungen reisst mich gerade nichts wirklich mit, daher belasse ich es dabei.
So, dehnen wir das Ganze hier mal in die jüngere Vergangenheit aus. Es soll ja vorkommen, dass auch ich zeitgenössische Schnitte kaufe.
In den 2010er war ich eine große Freundin der Nähzeitschrift CUT. Neben drei Schnittmustern mit ausführlicher Bildanleitung gab es immer eine weitere DIY-Themenstrecke mit mehr oder weniger ausführlichen und durchdachten Anleitungen sowie Kreativreportagen, Designer*inneninterviews, Kunst und Künstlerisches, Mode etc. Ich mochte die Zeitschrift sehr, eben weil der Stil eher in Richtung zeitgenössisches Modedesign (allerdings mit starker Tendenz zu Hipster-Mode) ging, Burda war doch deutlich traditioneller und holte mich weniger ab. Nach ein paar Jahren wurde die Zeitschrift leider wieder eingestellt.
Den Schnitt habe ich ausgewählt, weil ich einerseits lange Röcke für den Alltag liebe und andererseits viele Meter dieses recht dünnen (wohl Viskose-)Gewebes habe und mir deshalb der hohe Stoffverbrauch nichts ausmachte. Die Vorlage sah einen durchsichtigen Stoff als Oberstoff und einen blickdichten als Futter vor. Mein Stoff war so semi-blickdicht, für eine Bluse vielleicht genug, aber nicht für einen Rock. Also verarbeitete ich noch einen Rest Futterstoff. Von dem war aber nicht so viel da, weshalb er nur bis etwa zur Hälfte des Rocks geht, aber das reicht ja.
Hier sieht man sehr gut, wie der Rock schwingt und auch, bis wohin das Futter geht.
Der Schnitt ist eigentlich nur ein Fast-Halbkreis mit Bund, der dann mit zwei Knöpfen überlappend geschlossen wird. Ich fand das ja attraktiv, es klang so einfach. Warum auch immer ist der Halbkreis aber aus drei Segmenten zusammengesetzt, wahrscheinlich um ein ungleichmässiges Aushängen zu vermeiden, wie es bei einem Halbkreis ohne Nähte zu erwarten wäre. Kam mir aber sogar entgegen, da mein Stoff gestreift ist und ich die Optik mit den vertikalen Streifen schöner fand.
Nun ja, ein ekliger langer Saum (die Vorlage wurde nicht einmal gesäumt, sondern durfte ausfransen), ein Bund, zwei gerade Kanten, klingt nach einer schnellen Sache. Ich habe nichts gegen schwierige Schnitte. Aber was ich wirklich nicht mag sind Schnitte, die einfach tun und dann doch Arschlöcher sind. Zwei gerade, 1m lange Kanten in einem dünnen Stoff im schrägen Fadenlauf nähen ist …scheiße.
Habe ich natürlich nicht dran gedacht und die Kanten schon bei Bügeln und dann beim Nähen noch mehr überdehnt. Die innere Kante war mir dann egal, da habe ich die Mehrlänge einfach beim Säumen abgeschnitten, soll sie sich doch wellen. Die äussere habe ich noch einmal komplett geöffnet, neu gebügelt, brav geheftet und dann noch einmal genäht. Ich habe die beiden Lagen nicht getrennt verarbeitet, sondern die Kante des Futters einfach unter die umgeschlagene Kante des Oberstoffs gesteckt und so festgenäht.
Einmal freie Sicht auf mein Bein, man kann sich hoffentlich vorstellen, wie ein so geringer Übertritt sich im Alltag verhält (s.u.). Und ebenfalls freie Sicht auf die überdehnte Kante innen, die ich nicht mehr korrigiert habe.
War es die Mühe des Auftrennens und im schrägen Fadenlauf Nähens wert? Eher nicht, aus zwei Gründen. Erstens hat es durchaus Gründe, dass ich aus diesem Stoff nie etwas genäht habe. Irgendwie ist er nicht ganz schlimm, aber andererseits…ich weiss nicht. Meinen Partner erinnert er an Supermarkt- oder Fleischereikittel,
irgendwie hat er einen Punkt. Zweitens kann ich überhaupt nicht mit Röcken, die ich beim Gehen festhalten muss, damit ich nicht nackt dastehe (bzw. generell kann ich nicht mit Kleidung, die ich ständig wieder zurechtzuppeln muss). Die Überlappung reicht zwar, um normal laufen zu können, aber bei einem Windstoß oder einer falschen Bewegung wird er dann doch sehr freizügig und zudem sieht man das nur halbhohe Futter. Auch hinsetzen muss geplant werden, sonst rutscht einem die unten liegende Seite auf den Sitz und man hat freie Sicht auf den Oberschenkel.
Hier sieht man ganz gut, wie durchscheinend der Oberstoff im Gegenlicht ist und warum ein Futter doch notwendig war.
Ich werde ihm im Sommer vielleicht noch einmal eine Chance im Schwimmbad geben. Über einem Badeanzug getragen fände ich das aufspringen nicht so schlimm (wobei dann noch das Problem mit dem Futter wäre, das ja bei mir offensichtlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war), angezogen im Alltag hingegen nervt es mich sehr. Im Übrigen habe ich quasi nichts, das ich mit dem Rock kombinieren kann, lustigerweise fand ich da so ein T-Shirt, dessen Druck farblich exakt passte und mir erlaubte, schwarze Schuhe dazu zu kombinieren.
Und zum Finale ein "normales" Foto. Leider war mein Gesichtsausdruck auf dem so bescheuert, dass ich das nicht im Netz sehen wollte, selbst hier nicht.
Aber die digitale Ergänzung drückt meine Meinung zu dem Projekt ganz gut aus.
Revolution ist nicht ein kurzer Akt, wo mal irgendwas geschieht, und dann ist alles anders. Revolution ist ein langer, komplizierter Prozess, wo der Mensch anders werden muss.
Rudi Dutschke
Der Mangel an "ß"s in meinen Posts ist auf die Schweizer Rechtschreibung sowie Tastaturbelegung zurückzuführen.